Weil die erste Januarwoche nicht am Donnerstag mit dem letzten Spaziergang in Germerode endet und ich außerdem gerade noch eine gute Ablenkung der Seriensucht brauche, geht es hier jetzt weiter mit den drei restlichen Wochentagen.
Nach meiner der Rückkehr verbringe ich den restlichen Tag genau so, als wäre ich noch in der Ferienwohnung: lesen, Kaffee, essen, lesen….und überlegen was ich am Freitag für die Freundinnen, die zum Abendessen kommen, kochen könnte.
Im Tagebuch vom 1. Januar 2019 steht: ‘Im nächsten Jahr wäre ich Sylvester gerne am Meer oder im Wald oder irgendwo, wo es ruhig ist.’ Glücklicherweise habe ich den Eintrag rechtzeitig gelesen und mich auf die Suche nach einem solchen Ort gemacht. Da ich mit der Suche erst Anfang Dezember begonnen habe, war am Meer bzw. der Nord- oder Ostsee nichts mehr zu finden, was ich mir hätte leisten können/ wollen und für ein paar Tage wollte ich nicht in einen Zug oder gar in ein Flugzeug steigen. Also habe ich im Umkreis von 100 km gesucht und eine hübsche Ferienwohnung in Germerode entdeckt.
Zurückblicken auf das vergangene Jahr ist ein schönes Ritual. Diesmal schaue ich nicht nur auf das eine, vergangene Jahr, sondern auf ein ganzes Jahrzehnt. Damit habe ich schon vor ein paar Wochen begonnen, denn ein Jahrzehnt braucht sehr viel mehr Zeit als ein einzelnes Jahr. Richtig Mühe gegeben habe ich mir auch. Ich habe sämtliche Kalender und Tagebücher hervorgekramt, Jahr für Jahr durchforstet und mir jeweils Stichpunkte dazu aufgeschrieben. Fleißig, fleißig. Es folgt eine kurze Zusammenfassung, denn eine lange Abhandlung darüber, was alles so los war bei mir in den letzten 10 Jahren ist womöglich für die Eine oder den Anderen etwas zu langweilig.
Das Jahrzehnt begann mit desolater psychischer Gesundheit. Ich war wegen Burnout Depression oder nur Depression, wer kann das schon sagen, insgesamt 10 Monate krank geschrieben. Aber im April 2010 geht es mir besser und ich beginne mit einem neuen Job und dort bin ich bis heute. Ich beginne auch eine zweite Yoga-Ausbildung und beende sie 2 Jahre später. Ich überlege mit der damaligen Frau meines Herzens ob wir in Kassel oder in Berlin leben wollen. Wir entscheiden uns für Kassel und trennen uns 1 Jahr später. 2013 besuche ich zum ersten Mal Istanbul, bin verzaubert und bin seither jedes Jahr einmal dort. 2013/14 bin ich oft in Berlin weil ich noch eine Yoga-Ausbildung in einem anderen Stil lerne. Im April 2014 stirbt mein Vater, für mich sehr überraschend, an Krebs und ich fahre einen Monat später für 5 Wochen nach Istanbul. Dort feiere ich meinen 50sten Geburtstag und bekomme Besuch von 10 Lieblingsmenschen. In diesen 5 Wochen liegen Trauer und Glück eng beieinander und das bleibt noch eine ganze Weile so. Nach dem Tod meines Vaters pendeln sich die Besuche bei Erica immer mehr ein und wir fahren sogar 2x gemeinsam in den Urlaub. Seit 2016, vielleicht auch schon etwas früher, beginnt die beste A. mir in regelmäßigen Abständen zu sagen: “Mach doch mal einen Blog. Das wird bestimmt lustig.” Ich finde ja weder mich, noch mein Leben besonders lustig, aber nun gut, ich denke darüber nach. Ich denke bis zum Juni 2017 nach und dann steht plötzlich der weisse Elefant vor meiner Tür und hat seit dieser Zeit fast jede Woche irgendetwas zu erzählen. Ende 2017 bin ich mit der Yoga – Therapie Ausbildung fertig, sie hat ein Jahr gedauert und seither mache ich JEDEN Morgen Yoga. Erstaunlich. Neben oder trotz all dieser Ereignisse sozialarbeite ich das ganze Jahrzehnt hindurch beim gleichen, netten Träger und unterrichte ganz besonders gerne Yoga. Und die Reisen nicht zu vergessen und die Bücher die ich gelesen habe und Freund*innen die ich besucht und von denen ich Besuch bekommen habe und auch die ich neu kennengelernt habe und Serien die ich geschaut und Filme die ich nicht geschaut habe und Istanbul immer wieder…..wird doch schon wieder alles viel zu lang hier. Jetzt kommt nämlich noch die Ursprungsidee. Die Ursprungsidee war: Ich suche mir aus jedem Monat von 2019 mein Lieblingsfoto oder eine besondere Erinnerung als Jahresrückblick. So wie das andere Blogger*innen so machen. Los geht’s.
Die letzte Woche des Jahres war voller Besuch und Besuche. Der Besuch aus Köln, der schon am Wochenende zuvor angereist war, blieb bis zum Mittwoch.
Ich hab den Besuch ganz besonders gern, denn wir machen oft Quatsch zusammen. Das Gästebett wurde von den Gästen jeden Tag wieder hergerichtet, dabei gab es wohl eine Verwechslung mit dem kommenden Fest. Es sieht mir nämlich sehr nach Osterhasenfest aus. Nach den täglichen, gemütlichen Frühstücken, hat der Besuch wiederum andere besucht, ich hab Dinge erledigt, war bei der Massage und habe mich noch ein letztes Mal in diesem Jahr mit der Kollegin getroffen.
Nach dem Fotobuchmarathon vom Sonntag Abend habe ich in der Nacht tief und fest geschlafen und mich auf die kommende Woche gefreut. Und dann klingelt am Montag Morgen der Wecker um 6:45 und ich bin krank. Der Kopf brummt laut, der Hals tut weh, die Glieder schmerzen. Na gut, dann melde ich mich mal für einen Tag krank, morgen geht es sicher wieder. Die letzte Woche vor den Ferien verspricht nett zu werden: alle meine wichtigen Dinge sind erledigt, ein Geburtstag soll gefeiert werden, ein Ferienfrühstück mit leckersten Speisen aus verschiedenen Ländern dieser Welt, das falsche Patenkind hat ein Konzert, die Yogagruppe wartet auf die letzte Stunde in diesem Jahr … Das klingt doch alles richtig schön.
Der Missmut vom letzten Sonntagabend ist glücklicherweise am Montag wieder verschwunden und so konnte ich gemütlich im Büro sozialarbeiten, später mit der Kollegin zu einer Infoveranstaltung gehen und nach der Arbeit Yoga – Schülerin sein.
Und dazu noch Türchen öffnen. Seit ein paar Jahren bekomme ich von der Yoga-Freundin pünktlich zum ersten Advent einen Kartenkalender. So schön, liebsten Dank.
Bester Wochenanfang mit der neuen Gruppe: syrisch-kurdisches Frühstück. Weil ich erst etwas später dazu kommen konnte und dann sehr hungrig war, gibt es kein Foto. Nach dem Frühstück haben wir begonnen Märchen aus dem Nahen Osten zu lesen. Wir haben eine Ausgabe in einfacher Sprache, das klappt richtig gut und ich freue mich über die Entdeckung des Verlags. Da ich die Leseeinheit immer nach ca. 2 Seiten beende, nennen mich die Frauen nun lachend Sheherazade.
Heute bin ich etwas unlustig und schreibfaul. Mist. Aber würde ich den Wochenbericht ausfallen lassen, würde ich mich spätestens in ein paar Tagen ärgern. Also losschreiben.
Jedesmal wenn ich Istanbul besuche bin ich voller Vorfreude. Ich freue mich über die Katzen die an jeder Ecke auf mich zu warten scheinen, auf die wilde bunte Menschenmischung, auf das leckere Essen, den Bosporus und die Boote die immerzu hin und her fahren, die steilen Straßen, den Regen und den wilden Wind dazu der die aufgereihten Mopeds schepperdischepperkrawumm eines nach dem anderen umwirft, den Lieblingspark, die Cafés, das Lieblingsyogastudio und es könnte noch lange so weiter gehen. Worauf ich mich außerdem noch immer freue und wofür ich genausooft stehen bleibe wie für die unzähligen Katzen, sind die vielen kleinen und großen Kunstwerke in den Straßen.