Weil es so schön war dem Ballonspektakel zuzuschauen, habe ich mir Montag Abend den Wecker gestellt um am Dienstag nochmal in aller Frühe vom Berg über das Tal zu schauen während die Ballone aufwachen.
Natürlich sehe ich nicht nur den Ballonen beim Aufwachen zu, sondern auch den Menschen die den Ballonen zusehen.
Manche liegen einfach nur rum.
Kopf an Kopf.
Und diese schweben schon.
So früh am Morgen glitzert es an vielen Stellen golden.
Auch ohne Ballon im Hintergrund eine schöne Kulisse.
Als ich zurück komme hat im Hotel schon der Waschtag begonnen.
Nun folgt, ich mag Rituale, Schwimmrunde im Pool, Yoga, Tee mit Buch im Bett, Çay und Obst vom Frühstücksbüfett und ich überlege was bzw. wohin ich heute laufen will. Zuerst mit dem Bus nach Çavuşin und von dort über Paşabağı (ist ein Tal und bekannt für seine besonderen Felsformationen, die sogenannten Feenkamine) nach Zelve. Ich laufe zur Haltestelle an der ich den Bus nach Çavuşin vermute. Der fährt dort nicht ab, wird mir erklärt sondern ich muss noch ein Stück weiter laufen, ich könnte aber auch einfach nach rechts abbiegen und durch das Tal laufen. Und so mache ich es dann auch. Zuerst laufe ich an einem Pferd ohne Zaun drumherum vorbei und wundere mich etwas.
Dann folgt eine langer, sandiger und sehr sonniger Abschnitt. Rechts und links sieht es sehr schön aus.
Reiter*innen begegnen mir auch und weil der Boden nicht zu heiß aber schön sandig ist, ziehe ich sehr schnell meine Schuhe aus.
So geht es erstmal eine Weile immer weiter.
Bis ich in der Ferne erste Häuser sehe und dann rechts am Weg ein Friedhof auftaucht.
Und schon sehe ich die Altstadt von Çavuşin. Ein großer Teil der Altstadt wurde bei dem großen Erdbeben in Erzurum 1939, was Auswirkungen bis in das 700 km entfernte Kappadokien hatte, zerstört. Die Grundstruktur des Felsens wurde dabei so sehr erschüttert, dass 1961 Teile der restlichen Wand über den schlafenden Bewohner*innen zusammenbrach. Der Wohnfelsen wurde daraufhin evakuiert und die Menschen zogen in neue Häuser außerhalb der Reichweite des Felsens. Auf dem Felsen klettern nun Tourist*innen rum. Manche sogar bis ganz oben. Mal sehen wie weit ich mich traue.
Zuerst mache ich aber eine Pause zur Stärkung mit taze portakal suyu -frischem Orangensaft und schaue mich dabei um. Und werde wohl auch beobachtet. Von Puppen.
Von Elefanten.
Von Löwen, Gänsen, Hasen und Eseln. Ganz schön was los um mich herum.
Jetzt begebe ich mich auf den Weg hinauf zur Altstadt.
Ich komme so mittelweit. Irgendwann ist es mir einfach zu heiß und zu weit oben. Deshalb bleibe ich sitzen, schaue mich eine Weile um und klettere, krabbele und rutsche wieder hinunter.
Wieder unten angekommen könnte ich einen Töpferkurs machen.
Oder auf der Blechtrommel trommeln.
Oder mit dieser Polaroid Kamera Fotos machen. Ist die nicht toll?
Ich entscheide mich aber dafür weiter zu laufen und frage rum in welche Richtung ich muss. Geradeaus zur Bushaltestelle und 3 Meter rechts neben der Haltestelle den Fußweg nehmen, ist die Antwort. Ich laufe los.
Am Anfang bin ich recht fröhlich und zuversichtlich. Mir ist zwar jetzt schon heiß aber es geht schon. Außerdem finde ich immer mal wieder bunte Dinge auf dem sandigen Weg. Kleine Lichter.
Blaue Handschuhe.
Und der Weg ist auch wirklich schön.
Und lang. Und heiß. Irgendwann treffe ich einen Amerikaner der entsetzt auf meine nackten Füße starrt und fragt ob ich denn keine Schuhe mehr habe und woher ich komme. Er möchte nach Çavuşin und ist somit richtig. Ich möchte nach Paşabağı und es ist nicht so wirklich zu ergründen ob ich richtig bin. Wir verabschieden uns und laufen in die jeweils entgegengesetzte Richtung.
Ich laufe immer weiter und habe ein Gefühl von “Ach das ist schon alles richtig so.”
Jetzt muss ich nur noch über einen Berg und dahinter liegt sicher Paşabağı. Es führt sogar ein Weg am Fels entlang der mit einem grünen Band gekennzeichnet ist.
Der Weg endet abrupt und es breitet sich ein weißer Tuffsteinfelsen vor mir aus. Über den Berg komme ich keinesfalls hinüber. Schön sieht er aus aber es ist nichts zu machen.
Ich muss umkehren.
Ich komme an verschiedensten Zeichen der Zivilisation vorbei. Drahtknödel.
Schaufel.
Ich laufe ca. 30 Minuten zurück und biege ab auf einen Weg der an einer Straße endet. Also laufe ich an der Straße entlang. Das macht wenig Spaß und dauert eine Weile. Aber ich komme tatsächlich in Paşabağı an. Laufe aber einfach daran vorbei als ich die zahlreichen großen Reisebusse sehe. Stattdessen laufe ich an einer kleinen Straße entlang Richtung Zelve. Unterwegs werde ich von einer sehr großen Gruppe Biker überholt. Kurz vor Zelve halten sie auf einem Parkplatz.
Als ich etwas später in Zelve ankomme, suche ich mir eins der kleinen Lokale aus, lege mich auf eine der gemütlichen Matratzen, bestelle mir Çay und ıspanaklı gözleme – Pfannkuchen mit Spinatfüllung. Vom Matratzenlager aus beobachte ich den Eingang vom Open Air Museum Zelve. Keinesfalls will ich den Fehler vom Vortag wiederholen und mich in große Menschenansammlungen begeben. Aber in Zelve macht alles einen vertrödelten, ruhigen, fast menschenleeren Eindruck. Vielleicht liegt das auch an der Uhrzeit, es ist schon 16 Uhr.
Und so kaufe ich mir eine Eintrittskarte und laufe los.
Ich werde in den nächsten 2 Stunden viele Treppen auf und ab laufen.
Der Ort Zelve besteht aus drei Tälern. In den Felswänden rechts und links der Täler waren die Räume und Wohnungen der Bewohner*innen. Lange lebten in Zelve Christen und Moslems zusammen, bis 1923, dem Jahr des großen Bevölkerungsaustausches. Außer einer kleinen Moschee gibt es in Zelve keine künstlichen Bauwerke, nur die in den Tuffstein gegrabenen Höhlenräume. Und bis der Ort 1952 von der Regierung geräumt wurde (große Felsbrocken stürzten immer öfter von den Wänden und forderten viele Opfer) lebten die Menschen dort in ihren Höhlenwohnungen ohne Leitungswasser, Elektrizität und Kanalisation.
Ich bin völlig fasziniert von Zelve und so froh und glücklich hierhergefunden zu haben. Vor der ersten Höhle die ich betrete liegt ein großer, schlafender Hund. Ich habe Respekt und gehe vorsichtig an ihm vorbei. Er verzieht keine Miene und zuckt noch nicht mal mit Ohr oder Nase.
Ich klettere zwischen den Höhlenwohnungen herum und schaue dann wieder über das Tal.
Dann wieder eine Höhle die eine Kirche war.
Zwei der Täler sind durch einen Tunnel verbunden. Der darf nicht mehr betreten werden. Hier geht es rein.
Im nächsten Tal ist der Ausgang. Auf beiden Seiten hätte ich mich weder rauf noch runter und auch niemals hindurch getraut.
Auch hier klettere ich noch oben um in Höhlen hinein zu schauen …
… und rutsche anschließend den steilen Weg bergab.
Durchgang verboten.
Kleine Moschee mit Minarett.
Gegenüber sind diese kleinen Felshöhlen und eine riesengroße Höhle oder einfach nur ein riesengroßes Loch. Zumindest sieht es von meiner Seite danach aus.
Aus der Nähe betrachtet ist es nicht eine Höhle oder einfach ein Loch sondern ein ca. 7 Stockwerke umfassendes Höhlensystem.
Kleiner Vogel.
Irgendwann ist der schönste Entdeckungsnachmittag vorbei und ich mache mich auf den Rückweg. Viele Stufen nach unten.
Unten angekommen werde ich sogleich vom Orangensaft Mann, der mir vorher Gözleme verkauft hatte heran gewunken. Der Bus kommt erst in 20 Minuten und so lange soll ich mich hinsetzen und Saft trinken und er sagt mir Bescheid wenn der Bus kommt. Dagegen habe ich nichts einzuwenden und setze mich hin.
Schon während ich durch die drei Täler, die Höhlen und all die Treppen gelaufen bin, habe ich mich so gefreut und war ganz begeistert. Und nun am Ende stelle ich fest, dass Zelve für mich eines der schönsten Kappadokien Erlebnisse war. Ganz besonders große Freude.
Den größten Teil meiner Informationen über Kappadokien habe ich aus diesem Reiseführer (Werbung wg. Verlinkung): Kappadokien, Ein Reiseführer durch das Land der Feenkamine und Felsburgen von Susanne Oberheu und Michael Wadenpohl
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