17. November 2022 – Bildung III, Grenzerfahrung Ceuta

Felsen von Gibraltar.

Donnerstagmorgen fuhren wir zwischen Regen und Sonnenschein nach Ceuta, in Spanien. Für uns war der Grenzübergang in die spanische Stadt einfach und problemlos, ich hatte aber die ganze Zeit die Erzählungen der Tage zuvor in meinem Kopf.

Über Ceuta sind immer wieder traurige Nachrichten zu lesen.

Kurz hinter dem Grenzübergang. An dem Zaun im Hintergrund gab es vor nicht sehr langer Zeit einen von vielen unglücklichen Vorfälle oder wie auch immer man es nennen soll, wenn Menschen durch Grenzen gehindert werden in ein besseres Leben zu entfliehen.

Bei Wald werde ich in Zukunft immer an die Wälder Marokkos denken, in denen sich Migrant*innen verstecken und auf eine Gelegenheit warten, über die Grenze zu gelangen. Ich hatte Jonas gefragt, warum die Menschen lieber im Wald sind, weil ich dachte, in der Stadt, also in diesem Fall Tanger, haben sie mehr Gelegenheit an Essen zu kommen und könnten vielleicht auch eine besser geschützte Unterkunft finden. Seine Antwort lautete: Im Wald sind sie frei. Das bedeutet, die Wahrscheinlichkeit von der Polizei aufgegriffen zu werden ist wesentlich geringer. Wenn sie in Tanger bei einer der zahlreichen Kontrollen von der Polizei aufgegriffen werden, werden sie mit Bussen in den Süden in die Wüste gefahren und dort abgesetzt. Natürlich machen sie sich sogleich wieder auf den Weg nach Tanger. Jonas sagt, es vergeht kaum ein Tag, an dem er nicht kontrolliert wird. Glücklicherweise hat er mittlerweile einen Aufenthaltsstatus für Marokko.

Wir wurden von Vertreter*innen der spanischen linken Partei Podemos abgeholt und näherten uns so dem Grenzzaun. Hier ist im Hintergrund der marokkanische Grenzzaun zu sehen.

Spanischer Grenzzaun.

An einem anderen Standort ist nochmal der marokkanische Zaun zu sehen.

Hier trennen uns nur 10 Meter vom spanischen Zaun, der an dieser Stelle noch mit einer Mauer befestigt ist.

Marokkanischer Strand.

Es könnte so einfach sein, um den Zaun herumzuschwimmen. Nicht nur das wilde Wasser macht es unmöglich.

Während wir an den verschiedenen Stationen gehalten haben, wurden wir die ganze Zeit über von Zivilpolizei beobachtet.

Während dem gemeinsamen Essen mit den Vertreter*innen von Podemos bekamen wir nochmal viele Informationen über die Einwohner*innen von Ceuta und die politische Situation.

Anschließend hatten wir noch etwas Zeit, um durch die Stadt zu laufen. Danach stand mir nicht wirklich der Sinn, aber ein wenig herumlaufen war trotzdem ganz gut.

Weil es einer der Reiseteilnehmer*innen nicht gut ging und ich so fertig war, haben wir beschlossen gemeinsam früher nach Tanger zurückzufahren. Wir fuhren mit dem Taxi zum Grenzübergang und sahen schon von weitem eine lange Menschenschlange. Es waren viele Frauen, die in Ceuta arbeiten und am Wochenende zu ihren Familien nach Marokko wollten und es ging sehr langsam voran. Fast 1 Stunde hat es gedauert. Die Frauen waren aber guter Stimmung und so haben wir mit allen zusammen gewartet. Bis die spanische Polizei aus keinem bestimmten Grund ein Problem mit der guten Stimmung hatte und gegen den Zaun schlug, der uns in einem schmalen Gang zum Kontrollmenschen führte. Plötzlich entstand Gedränge und aufgeheizte Stimmung und wir wurden von einer der Frauen am Arm an die Seite gezogen und sie hat uns gezeigt, wo wir mit unseren europäischen Pässen schneller durchkommen, weil gerade ein euer Schalter geöffnet wurde. Und schon wieder habe ich unser Privileg gespürt.

Fast hatten wir es also geschafft. Nun mussten wir nur noch ein Taxi finden. Nach einer kurzen Diskussion mit einem Taxifahrer stiegen wir in ein Taxi. Leider setzte sich ein anderer Fahrer ans Steuer und fuhr los. Sehr schnell bemerkte meine Reisefreundin, dass der Fahrer total bekifft oder wie auch immer bedröhnt war. Ganz schnell verständigten wir uns, sagten ihm, er solle am nächstbesten Café halten, weil wir dringend zur Toilette müssen. Das tat er tatsächlich. Er ging schleppenden Schrittes mit uns in das Café und stand an der Theke, um zu warten. Wir dann beide zur Toilette. Dort hab ich mir mein Kleingeld heraus gekramt. Wir sind dann mit ihm vor das Café, dort hab ich ihm das Geld in die Hand gedrückt und wir haben ihm gesagt, dass wir nicht weiter mit ihm nach Tanger fahren. Das fand er nicht toll, war aber zu langsam, als dass er hinter uns herlaufen konnte. Wir sind einfach weiter gelaufen. Allerdings kam er mit dem Taxi hinterher, aber auch da waren wir schneller und hatten ihn irgendwann abgehängt. So eine schlimme Aufregung. Ich war vom Adrenalin knallwach, von Erschöpfung keine Spur mehr. Einen neuen Taxifahrer haben wir uns dann von unserem Reiseleiter telefonisch organisieren lassen. Es war der vom Vormittag und wir waren total froh und glücklich. Die Fahrt dauerte nämlich über eine Stunde über Landstraßen und durch die Berge. Solch eine Fahrt hätten wir mit dem bedröhnten Fahrer sicher nicht überstanden. Dafür hat unser wunderbarer, netter Fahrer dann ein dickes Trinkgeld bekommen, als wir wohlbehalten in Tanger vor unserem Hotel abgeliefert wurden.

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