26. November 2022 – Zwei Koranschulen, eine heimliche Verfolgung, ein Museum und ein verschlossener Wesir’s Palast in Fès

Al-Attarine Madrasa

An meinem letzten Tag in Fez fand ich, dass ich ja schon auch mal ein paar der in Reiseführern empfohlenen Orte aufsuchen könnte.

Nach Yoga und Morgentoilette schaute ich mir beim Kaffee im Batha coffee and food den Plan der Medina an und überlegte, wo ich zuerst hingehen wollte. Aber weil es ja immer völlig egal ist, lief ich einfach los. Die erste Katze des Tages war schon wieder schläfrig nach dem Frühstück.

Madrasa Bou Inania

Zuerst kam ich an der Madrasa Bou Inania vorbei. Und traf sogleich die Schul-Katze.

Madrasa Bou Inania

Die Madrasa Bū ʿInānīya von Fès ist eine Koranschule. Sie wurde zwischen 1350 und 1357 erbaut und gilt als eines der gewaltigsten Bauwerke der marokkanischen Dynastie der Meriniden. Und sie ist eine der wenigen religiösen Bauwerke, die ich als Nicht-Muslima besuchen darf.  

Madrasa Bou Inania

Die Hochschule gehört seit 1981 als Teil der Altstadt von Fès zum UNESCO-Welterbe. 1995 wurde sie mit Mitteln der Benjelloun-Mezian-Stiftung vollständig restauriert und erforscht. Zu ihren bekanntesten Lehrern (ich gehe mal nicht davon aus, dass es Lehrerinnen gab) zählt der Historiker Ibn Chaldun (1332–1406), der als früher Vordenker der heutigen Soziologie gilt. Ich finde, das klingt interessant. Muss ich mal mehr darüber lesen.

Madrasa Bou Inania

Die Schul-Katze ist erschrocken.

Madrasa Bou Inania

Koran, gestapelt und gut abgedeckt.

Madrasa Bou Inania
Madrasa Bou Inania
Holzschnitzereien, Madrasa Bou Inania

Sehr lange hab ich auf einer Stufe gesessen, viele Leute kommen und gehen sehen und staunend die schönen Holzschnitzereien, bunten Fenster und Kacheln angesehen.

Glasierte Kacheln (und kleine Eimer), Madrasa Bou Inania
Stuck, Madrasa Bou Inania
Noch mehr Stuck, Madrasa Bou Inania

Der Abschied fiel mir schwer. Es war so eine schöne, friedliche Stimmung dort.

Danach lief ich ohne Plan durch die kleinen Gassen und schaute mich einfach nur um. Hier durfte ich dabei zusehen und auch knipsen, wie Koran Suren in Marmorplatten gehauen wurden.

Glasvitrine mit Wolle und Perlen.

Al-Attarine Madrasa

Plötzlich stand ich vor dem Eingang zur Al-Attarine Madrasa. Von ihr hatte ich bisher nichts gelesen, aber ansehen wollte ich sie natürlich trotzdem. Und erlaubt war es mir auch.

Al-Attarine Madrasa

Die Madrasa liegt direkt am Suq der Gewürz- und Parfümhändler, dem Suq al-’Attarin, daher auch der Name.

Al-Attarine Madrasa

Ich ließ mich mit einem Schwall Tourist*innen hineinspülen und setzte mich wieder auf die erstbeste Stufe zum rumgucken und abwarten, dass es etwas leerer wurde. Sogar ein Foto ohne Köpfe, die lustig aus den kleinen Fenstern schauen, hab ich hinbekommen.

Al-Attarine Madrasa

Die Madrasa Attarine ist eine ehemalige Koranschule. Sie wurde in den Jahren 1323 bis 1325 im Auftrag des Merinidensultans Abu Said Uthman erbaut und bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts genutzt.

Kairaouyine-Moschee

Ganz besonders schön fand ich den Blick aus den Fenstern über die grünen Dächer der Kairaouyine-Moschee, die unmittelbar neben der ehemaligen Hochschule liegt.

Kairaouyine-Moschee

Nachdem ich durch fast jedes kleine Fenster nach draußen geschaut hatte, musste ich mich auch hier irgendwann verabschieden.

Weiter schlendern zum Djemaa Seffarine, dem Platz der Kupferschmiede.

Herumstehen und zusehen und dem Gehämmer zuhören.

Ein paar Gassen weiter hing bunte Wolle über und neben mir.

Oued Bou Khrareb

Und plötzlich stand ich auf einer kleinen Brücke und schaue in den Oued Bou Khrareb. Ein Fluss kam in meiner Vorstellung einer Medina in einer marokkanischen Stadt irgendwie nicht vor.

Gerberei Chouara

Am Morgen schon hatte ich überlegt, ob ich dringend die berühmten Färbereien von Fez sehen möchte. Ich war unentschlossen. Aber als ich auf der Brücke vom kleinen Fluss stand, hörte ich plötzlich deutsche Stimmen, zwei Touristinnen und ein Guide. Ich schnappte nur „…. jetzt zu der Gerberei“ auf und beschloss mich unauffällig an sie dranzuhängen.

Das machte mir richtig Spaß und ich kam mir ein wenig wie in einem Krimi vor. Immer wenn die kleine Gruppe stehen blieb, blieb ich auch stehen und sah mir bunte Täschchen oder Gläser oder was auch immer an. In Wirklichkeit beobachtete ich unauffällig (so hoffte ich), mit der Gruppe Schritt zu halten. Das war gar nicht so leicht, denn die Gassen wurden immer schmaler und es ging immer schneller um die Ecken und noch tiefer in den Souk hinein. Aber ich blieb dran und plötzlich waren wir da und ich wurde einfach mit durch die Tür gewunken. Das war ja einfach gewesen.

Ich erwartete den schlimmen Geruch, von dem ich oft gelesen hatte und nahm mir deshalb gleich einen von den angebotenen Pfefferminz-Sträußen. Das war aber gar nicht wirklich nötig. Ich fand den Geruch nicht besonders schlimm. Oben auf der Terrasse angekommen, gab ich mich der Gruppe zu erkennen, bedankte mich und bot an, etwas zur Bezahlung beizusteuern. Das wurde freundlich lachend abgewehrt.

Es war sehr voll auf dem Balkon, von dem aus ich auf die runden Lehmbecken schaute. Eine Reisegruppe nach der anderen kam die enge Treppe hinauf. Vermutlich hatte ich die Gerberei Chouara erwischt. Sie ist die größte Gerberei der Stadt und wurde im 11. Jahrhundert erbaut.

Kleiner Einführungskurs in das Handwerk der Gerberei:

Zuerst werden die Felle, die oftmals Reste aus der Lebensmittelindustrie sind, auf Eseln in die Gerberei gebracht. Dort werden die Felle von Haaren und Fleischresten befreit und für mehrere Tage in den großen Lehmgefäßen in Rinderurin, Taubenkot (daher der schlimme Geruch), Salz und Wasser eingeweicht, geknetet, getrocknet und nochmals eingeweicht, geknetet und getrocknet. Manche Gerbereien nutzen mittlerweile auch Chemikalien zum Gerben der Tierhaut, die Giftstoffe landen anschließend im Oued Bou Khrareb, dem kleinen Fluss. Danach wird das Leder mit Safran, Mohn oder Indigo gefärbt. Bis aus Tierfell buntes Leder für Taschen, Gürtel oder Schuhe geworden ist, dauert es ein Jahr. Die Gerbereien sind mit ihrem traditionellen, Jahrhunderte alten Verfahren berühmt und gehören zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Ich kann kaum ermessen, wie hart und schwer und voller Gestank und allerschlechtesten hygienischen Bedingungen und unzureichender Schutzkleidung die Arbeit der Männer dort ist. Viele von ihnen sind schon sehr alt und müssen immer weiter arbeiten, um ihre Familien zu unterstützen. Andererseits liegt die Jugendarbeitslosigkeit in den Städten Marokkos bei 30 %.

Eine Weile noch beobachtete ich die Arbeiter. Dann wurde es mir zu eng und zu viel. Ohne etwas zu kaufen, lief ich recht schnell die engen Treppenaufgänge wieder hinunter. Niemand wunderte sich oder hielt mich dabei auf. Vielleicht dachten alle, mir sei schlecht geworden vom Geruch.

Langsam lief ich durch schmalen Gassen wieder zurück und traf auf einem kleinen Platz eine Folklore-Tanzgruppe zur Unterhaltung von Tourist*innen, die auch prompt aus allen Ecken angelaufen kamen.

Es gab Musik und Tanz und dazu flogen die kleinen schwarzen Troddeln den Tänzern um die Köpfe.

Gleich neben der Tanzgruppe war der Nejjarine-Brunnen. Er soll der schönste Brunnen von ganz Fès sein.

Eingang zum Foundouq al Najjarine

Foundouq al Najjarine

Und gleich neben dem Brunnen, nicht gesucht, aber dennoch gefunden habe ich das Foundouq al Najjarine. Das Handwerksmuseum für Holzarbeiten liegt, natürlich, mitten im Souk der Holzarbeiter.

Ein Foundouq war früher ein Gasthaus oder auch eine Karawanserei. Dort konnten die Händler in den Zimmern der oberen Etagen übernachten und unten im Erdgeschoss ihre Handelsgeschäfte erledigen.

Fotos waren nicht erlaubt, aber ich bin sehr gerne durch die Ausstellungsräume gelaufen und habe mir Möbel, Haushaltsgegenstände wie Teller und Schalen oder auch große Hochzeitstruhen angesehen. Außerdem hatte man vom Dach aus einen tollen Blick und ein kleines Café gab es dort auch.

Ganz am Ende kam ich noch an einem der vielen Eingänge der Kairaouyine-Moschee vorbei. Der Eintritt war mir auch hier nicht erlaubt, aber ich konnte immerhin mal einen Blick hineinwerfen.

Blick durchs Fenster der Frühstücksterrasse am letzten Morgen.

Irgendwann am späten Nachmittag kam ich wieder im Batha coffee and food, meinem Café der letzten drei Tage, an. Ja, es gab sehr viele hübsche kleine Cafés an jeder Ecke, aber ich suche mir am Anfang oft eins aus und wenn es mir dort gefällt und der Kaffee gut ist, gehe ich immer wieder dort hin. Nach einem Orangensaft zur Stärkung bin ich zum Riad gelaufen, habe etwas aufgeräumt und schon mal angefangen die Tasche für die Abreise am nächsten Tag zu packen. Danach habe ich mich fürs Abendessen einfach wieder ins Café gesetzt. Direkt gegenüber vom Café lag übrigens das Dar Batha Museum, ein ehemaliger Wesir’s Palast und dort soll es ganz besonders schön sein. Leider war es während meines Aufenthaltes geschlossen. Ich habe nicht so recht herausgefunden warum, tippe auf Bauarbeiten oder das Museum liegt noch im Corona-Schlaf. Schade.

Dies ist eines meiner Lieblings-Katzen-Fotos aus dem Marokko Urlaub. Sie lag am nächsten Vormittag auf einem Info-Tresen im Bahnhof von Fès.

Und dann ging es zurück zum Anfang – nach Tanger.

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