Nach den schönen und spannenden Erlebnissen am frühen Morgen, von denen ich hier erzählt habe, laufe ich zurück zum Hotel. Unterwegs laufe ich an einem Melonenberg vorbei. Oder sind es Kürbisse? Oder Melonen und Kürbisse?
Am Höhlenrestaurant vom Abend zuvor.
Der Teppichladen schläft noch.
Im Innenhof vom kleinen Haus neben dem Hotel hängt so früh am Morgen schon Wäsche auf der Leine.
Als ich um die Ecke schaue kracht es in meinen Augen. Blaumetallic.
Jetzt freue ich mich auf eine Schwimmrunde im Pool, es ist erst halb 8 und ich habe wieder den ganzen Pool für mich allein. Auch blitzeblau aber ohne Metallic.
Nach dem Pool wieder heiße Dusche und mit Tee und Buch ins Bett bis 9 Uhr. Ich trinke noch einen Çay und esse etwas Obst am Frühstücksbüfett bevor ich mich auf den Weg zum Open Air Museum Göreme mache. Das Open Air Museum wird als der absolute Höhepunkt und ein MUSS jeder Kappadokienreise beschrieben, in dem die bedeutendsten und schönsten Felsenkirchen zu sehen sind. Der Teil des Museums war früher Teil einer in der weiten Umgebung verstreuten Klosteranlage mit vielen Kapellen, Küchen, Refektorien etc. und der Tokalı Kilise-Schnallenkirche mittendrin. Schon auf dem Weg ahne ich: vielleicht ist es nicht das Richtige für mich – zu viele Menschen. Ich hatte eine falsche Vorstellung von einem Open Air Museum. Ich dachte es sei ein riesiges Gebiet in dem sich die Menschenmassen im besten Fall verlaufen. Was es dann tatsächlich ist: ein kleines Gebiet in dem man sich gegenseitig auf die Füße tritt.
Weil ich meinem ersten Eindruck nicht traue, bezahle ich Eintritt und laufe los. Schon nach wenigen Minuten würde ich es am liebsten dieser Frau nachmachen und meinen Kopf auf den Tisch legen. Aber mit Schwung damit mein Gehirn etwas aufgerüttelt wird und nicht aus Erschöpfung und Hitze, was vermutlich hier der Grund dafür ist. Was ich lerne: ich sollte in Zukunft einen großen Bogen um Dinge machen die als MUSS einer Reise bezeichnet werden.
Ich laufe also ernüchtert durch die Menschenmassen und gebe mich keinerlei Illusion hin eine der berühmten Höhlenkirchen zu besichtigen. Überall sind lange Schlangen vor der Tür. Weil ich aber nicht sofort umkehren will, ändere ich meine Absicht und mache stattdessen einfach Fotos von Menschen statt von Höhlen, Kirchen, Steinen und Geröll.
Und weil ich gerne Menschen zusehe, macht es mir Spaß und der Besuch vom Open Air Museum ist doch eine gute Idee gewesen.
Lange beobachte ich dieses Paar, denn die Frau hat sich wirklich große Mühe gegeben und ist in ein grandioses Kostüm gekleidet. Ich nehme mal an, dass es ein Kostüm ist.
Der Mann ist ununterbrochen damit beschäftigt Fotos von seiner Liebsten zu machen.
In einer Fotopause frage ich ob ich mitknipsen darf und freue mich über die bereitwillige Erlaubnis.
Kurze Zeit später verlasse ich das Open Air Spektakel, laufe ein kleines Stück an der Straße entlang bis zum ersten großen Parkplatz (es gibt mehrere) und biege kurz vor dem Parkplatz auf einen Fußweg ab. Dort komme ich zuerst an einer verschlossenen Tür vorbei.
Danach laufe ich an einem Garten entlang und etwas später wird der Weg zu einem Pfad.
Ungefähr 15 Minuten bleibt der Pfad ein Pfad, dann endet er in dornigem Gestrüpp. Macht ja nichts, kehre ich eben um. Auf dem Rückweg treffe ich diesen Mann der damit beschäftigt ist Selfies von sich und den Felsen zu knipsen. Ich biete ihm meine Hilfe an und er freut sich und kann sich danach der Landschaftsfotografie widmen.
Weil noch der ganze Nachmittag vor mir liegt überlege ich mir eben eine andere Spazierrichtung, laufe einmal über die Straße und weiter bergauf. Dort sehe ich zwei Männer bei der Arbeit und kann nicht erkennen, was sie dort tun, sie verladen irgendetwas auf einen Anhänger. Aber was denn nur? Muss ich wohl mal fragen. Ahhh so, die Überreste der Weintrauben zur Weinherstellung, der Trester, wird verladen um später wieder als Dünger verwendet zu werden.
So flüssig funktioniert mein Türkisch natürlich nicht als das ich diese ganze Erklärung verstehen könnte. Aber wenigstens weiß ich das üzüm Traube heißt und für den Rest gibt es Hände und Füße zur Erklärung.
Mit diesem Arbeitsgerät kenne ich mich nicht aus, glaube auch nicht, dass es etwas mit der Weintraubenverarbeitung zu tun hat aber es ist so schön blau.
Ich laufe weiter den Berg hinauf Richtung Bank.
Oben angekommen: Blick ins Tal.
Dort unten liegen Kürbisse und es führen kleine Pfade durch die Zipfelmützenfelsen. Da will ich hin.
Das ist nicht so einfach und so rutsche ich immer mal auf dem Po nach unten.
Angekommen.
In einem der Zipfelfelsen sehe ich eine Tür und klettere hinauf.
Das war doch sicher eine Kirche.
Durchblick. Oder auch: I see faces.
Als ich später am Tag im Reiseführer nachsehe wo ich herumgewandert bin, nämlich im Schwertertal, stelle ich mit der Karte fest, dass es tatsächlich eine Kirche gewesen sein könnte. Weiter geht es durch das Tal, bis ich mich dazu entschließe langsam den Rückweg anzutreten. Ich laufe einen großen Bogen, noch einmal einen Berg hinauf und auf der anderen Seite wieder hinunter, an Feldern vorbei und komme am Ende wieder bei der Straße an die nun rechts nach Göreme und links zum Open Air Museum führt. Sicher kennt jemand Das Riesenspielzeug von Adelbert von Chamisso. Das war als Kind immer eines meiner Lieblingsgedichte und ich kann es noch immer fast ganz auswendig. Und immer wenn ich einen Bauern auf dem Feld sehe kommt es mir in den Sinn.
Ich gehe nach rechts und etwas später biege ich ab zum kleinen Café was ich ein paar Tage zuvor entdeckt hatte.
Dort lege ich mich auf Matratzen, trinke Çay und viel Wasser und schaue den Chilischoten beim trocknen zu.
Außerdem wohnt im Café noch die Katze.
Das Pferd.
Und der Hund.
Auf dem Rückweg ein hübsches Kleid gesehen.
Bei den Tagetes an die Gartenchefin gedacht. Sie mag Tagetes. Ich nicht so gerne. Trotzdem soll sie hier ein Foto bekommen. Und was ich gerade gelernt habe: die Tagetes wird nicht nur Studentenblume sondern auch türkische Nelke genannt, oder auch Totenblume oder Sammetblume.
Dieses Foto mag ich so richtig gerne. Ich muss dabei immer an einen Spielfilm denken.
Währenddessen auf der anderen Straßenseite:
Nun noch ein wenig Katzenalarm auf meinem Weg durch die Gassen von Göreme.
Dies sind zwar keine Heißluftballone aber trotzdem erinnern sie mich daran. Das Lokal ist immer voller asiatischer Tourist*innen. Ich brauche für mein Heimatgefühl immer mal einen Cappuccino statt dem türk kahve – dem türkischen Kaffee. Und für uns alle ist gesorgt. Es ist eben schlimm und schön was der Tourismus so mit sich bringt.
Später am Pool: Blick auf den Zipfelberg mit Baustelle.
Abendspaziergang durch die kleine Stadt. Spatzen auf dem Käfig. Im Käfig ist glücklicherweise niemand.
Puschelhuhnpopo.
Der kleine Wagen mit dem vielseitigen Angebot: Maiskolben, Blumenkränze und womöglich auch grellbunte Eisgetränke, da bin ich mir aber nicht sicher. Es könnte auch einfach nur ein altes Werbeplakat sein.
Um 21 Uhr liege ich im Bett. Das fällt mir leicht denn es ist schon ab 19 Uhr stockdunkel, ich liege sowieso gern im Bett, ich bin wieder richtig schön platt von dem langen Wandertag und freue mich auf mein Buch.
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