Der Bus, der mich zurück nach Amman bringen wird, fährt erst um 11 Uhr und so mache ich noch einen letzten Spaziergang zum Strand, trinke noch einen Kaffee, hole mein Gepäck aus dem Hotel und laufe dann gemütlich zur Busstation.
Die Fahrt verläuft entspannt. Ich schaue aus dem Fenster und lese im Wechsel.
Ich lese in meinem Buch, leider ist es fast zu Ende, oder im Reiseführer. Im Reiseführer lesen während der Reise ist eher ungewöhnlich für mich. Diesmal war es aber anders. Ich habe sogar recht häufig darin gelesen und im Bus schaue ich nach, was ich mir in den letzten zwei Tagen noch ansehen kann. Weil ich in Aquaba so schön viel Zeit zum herumtrödeln hatte, bin ich wieder etwas unternehmungslustig. Die Fahrt dauert, wie angekündigt, 4,5 Stunden. Und nach 4,5 Stunden sind wir vor den Toren der Stadt. Von dort kriechen wir aber noch 1,5 Stunden durch den dicken Verkehr, bevor wir dann endlich in Down Town Amman ankommen. Ich steige um in ein Taxi, fahre noch einmal 20 min durch das dichte Getümmel bis ich in der Nähe vom Hotel abgesetzt werde. Noch ein paar Schritte und ich bin da. Das Hotelpersonal ist erfreut und so freundlich, da sehe ich über das eher spartanisch, karge und dunkle Zimmer hinweg.
Ich hatte mir das Hotel ausgesucht, weil es so richtig mittendrin und ganz nah beim römischen Theater, liegt. Also begebe ich mich auf einen Ausflug um den Block und auf die Suche nach Nahrung. Recht schnell wird es sehr dämmerig und ich hab immer noch nichts zum Essen gefunden.
Als ich schon etwas ratlos bin fällt mein Blick nach oben auf ein Eckrestaurant mit dem schönen Namen Amman Heart. Und sogleich werde ich von einem jungen Mann angesprochen der mich genau dort hin führen will. Ich überlege nicht lange, steige hinter ihm die steile lange Treffe hinauf und bin im Herzen von Amman.
Ich bekomme endlich etwas zum Essen, dazu ein großes Glas mit Eiswürfeln, Strohhalm und eine Flasche Barbican das typische alkoholfreie Bier. Sehr zufrieden schaue ich von oben nach unten ins wüste, laute Stadtleben und bin froh einen Platz so weit oben gefunden zu haben.
Vor der ersten Nacht im Hotel mache ich mir ein wenig Gedanken über Kakerlaken. Aber wirklich nur kurz und ich verbiete es mir auch schnell wieder, denn es würde ja erst einmal nichts ändern. Und, was soll ich sagen, ich treffe während meines ganzen Aufenthalts dort keine einzige Kakerlake. Und überhaupt bin ich in den letzten 2 Wochen keiner Kakerlake begegnet. Was schon fast etwas seltsam ist. Es könnte allerdings sein, dass ich am allerletzten Tag, morgens auf dem Weg zum Museum, an einer zertretenen Kakerlake vorbeigekommen bin. Ich war mir aber ganz schnell sicher, dass es nur ein zertretener Käfer war.
Für den nächsten Tag hatte ich mir einen Besuch im Museum überlegt. Ich lief durch sehr volle, sehr laute, sehr schmutzige Straßen mit sehr verstaubter Luft. Das war toll und irgendwie beängstigend gleichzeitig. Ich stellte fest, dass ich am Abend zuvor einfach in die falsche Richtung gelaufen war, denn hier gab es überall die Möglichkeit etwas zum Essen zu finden. Weil es so voll und so fremd und deshalb so aufregend war, gibt es keine Fotos vom Weg zum Museum. Vor dem Museum war, wie überraschend, eine so große Baustelle, dass ich das Museum fast übersehen hätte.
The Jordan Museum ist das größte Museum Jordaniens. Eine Abteilung zeigt die Entwicklung des modernen Jordanien mit besonderem Blick auf die Unabhängigkeit, Bildung, Gesundheit, das soziale Leben und weiteren zeitgenössischen Bereichen des Landes.
Eine zweite Abteilung beschäftigt sich mit Jordaniens lebendiger Geschichte und gibt Einblicke in die städtischen, ländlichen und beduinischen Lebensweisen.
Die größte Abteilung im Museum zeigt sehr anschaulich die Geschichte und Kultur Jordaniens von der Steinzeit bis zu den islamischen Epochen. Wer mehr über das Museum erfahren möchte schaut bitte hier.
Eine weitere Ausstellung, die eher für Kinder und Jugendliche konzipiert ist, befindet sich im Obergeschoss. Sie beschäftigt sich mit berühmten bekannten und auch weniger bekannten Erfinder*innen und Entdecker*innen der islamischen Welt wie z. B. Mariam Al-Ijliyyah, sie war im 10. Jahrhundert (n. Chr.) eine Astronomin aus Aleppo, Syrien, die das erste Astrolabium erfunden hat.
oder Al-Jahiz und sein Buch der Tiere. Dieser zweite Teil des Museums hat mir ganz besonders gut gefallen und ich kann mir gut vorstellen mit wie viel Spaß hier ganze Schulklassen hindurchtoben denn überall gibt es etwas auszuprobieren, anzufassen und mitzumachen.
Eine kleine Moschee ist neben dem Museum.
Nach dem Museum bin ich den gleichen Weg zurück gelaufen und zielstrebig ins Herz von Amman mit Blick über die Kreuzung. Ich brauchte ein heimatliches Gefühl und natürlich hat sich der Kellner gefreut und ich bekam, wie schon am Abend zuvor, nach meinem Hummus-und-Salat-Frühstück ein Törtchen zum Dessert geschenkt. Mein Hotel ist übrigens in unmittelbarer Nähe von dieser Fassade, die hatte ich an meinem allerersten Tag in Amman schon mal vom Zitadellen Berg aus, gesehen.
Nach dem Ausflug ins Museum und dem Essen, war ich so erschöpft dass ich mich im Hotel auf’s Bett gelegt und tief geschlafen habe. Danach war ich ausgeruht für die wilden Gassen und kleinen Läden von Down Town.
Schirmchengasse.
Bunte Wände.
Singende und tanzende Melone.
Viele Lokale mit Balkonen zum sitzen und schauen.
Straßenarbeiten in der Seitenstraße.
Mittlerweile fühle ich mich wieder ein wenig so wie diese Bären.
Bevor ich mich aber in ein Café setze, will ich noch schnell das leckere Gewürz kaufen, was am Mittag auf meinen Hummus gestreuselt wurde. Es sah pink aus und war lecker. Weil der Kellner den englischen Namen nicht wusste sagte er nur: “One Moment, i ask Google.” Und Google sagte es sei Sumach. Hätte ich mir denken können und stand auch schon mal in meinem Gewürzregal. Ist aber in Vergessenheit geraten. Eine schöne Beschreibung nebst Einsatzorten habe ich hier gefunden. Und einen Laden in dem es außer Sumach auch noch allerlei andere Gewürze, Öle, Seifen, Wässerchen und Süßigkeiten gibt.
Gleich nebenan vom Gewürzladen geht eine Treppe hinauf in eins der Lokale mit Balkon, das Afra Restaurant. Und dort sitze ich dann eine ganze Weile und schaue nach unten …
… nach gegenüber und in mein Buch.
Ich sitze dort so lange, dass ich die Straße ohne eingeschaltete …
… und dann später mit eingeschalteter Beleuchtung sehe.
Ich bin weit weg vom dichten Gewühl und bleibe dort sitzen bis es Zeit wird Heim zu gehen.
Für den nächsten Tag habe ich mir den Besuch der King Abdullah Moschee oder auch Zentralmoschee ausgedacht. In Jordanien sind nicht so viele Moscheen zu besichtigen, diese aber schon. Ich hatte eine ungefähre Vorstellung vom Weg dort hin und der führte zuallererst für einen Morgenkaffee am Afra Restaurant vorbei. Ich bekam einen Platz auf einem der kleinen Balkone und konnte zusehen wie die Wäsche mit einem prüfenden Blick auf ihre Trockenheit überprüft wurde. Sie war noch nicht trocken und bleib deshalb hängen.
Der Weg zur Moschee zog sich in die Länge, was an Schmerzen in meinem linken Vorfuß lag. Vielleicht bin ich zu viel auf hartem Pflaster herumgelaufen in den letzten Tagen. Deshalb also langsam laufen. Es ist vielleicht nicht richtig zu erkennen aber hier streiten sich 2 Spatzen und eine Meise um die weiße Watte – vielleicht wird sie für den Nestbau benötigt.
Eine Weile laufe ich an einer großen und trostlosen Straße entlang. Bis ich zu dieser Treppe komme und beschließe dort abzubiegen und oben angekommen dann parallel zur großen Straße weiter zu laufen.
Die Treppe ist sehr lang und sehr steil und als ich geglaubt habe das Ende sei erreicht, stellt sich heraus das sie nochmal genauso lang und steil, nur nicht bunt bemalt, weiter geht.
Ich laufe durch ein Wohngebiet in dem rechts und links der Straße kein einziger Laden sondern viele einzelne Villenartige Häuser stehen. Mit bunten Zäunen oder bunten Hängeschaukeln hinter schwarzen Zäunen.
Ich laufe und laufe und laufe und irgendwann blitzt hinten in weiter Ferne eine hellblaue Kuppel hervor.
Ich bin also auf dem richtigen Weg. Noch einen Berg hinauf, einen Berg hinunter und den nächsten Berg wieder hinauf und dann bin ich endlich da.
Während meines Weges ist mir eingefallen, dass Freitag ist. Freitags ist der wichtigste muslimische Wochentag und man geht zum Freitagsgebet. Ich hatte mir gedacht, das Gebet sei um 13 Uhr. Keine Ahnung wie ich darauf gekommen bin. Letztendlich ist es irgendwann vormittags, also genau zu der Zeit als ich vor der Moschee stehe. Besucher sind erst ab 14 Uhr willkommen. Es ist 11 Uhr. Ich laufe einmal durch den Moschee – Shop und beschließe gegen 14 Uhr wieder zu kommen oder eben bei meinem nächsten Besuch in Jordanien. Im Shop gibt es das übliche Gebimsel und ein großes Tablett auf dem zerbrochene Dinge und dieses verwaiste Dromedar stehen.
Weil ich ja nun schon mal da bin laufe ich noch einmal um das ganze Gelände herum …
… und begebe mich auf den Rückweg.
Diesmal nehme ich einen anderen Weg, er führt mich an einer großen Straße entlang und ich bin müde, schwitze und die Füße tun mir weh.
Ich komme an einer anderen bunten Treppe vorbei. Weil sie nicht in meine Richtung führt, klettere ich nicht hinauf.
Es ist weit und breit kein Laden in Sicht und dann taucht plötzlich dieser asiatische Lampionladen auf.
Eine Weile ist es wieder trostlos rechts und links der Straße.
Dann hängen plötzlich erste Lampione quer über die Straße und kurz danach beginnt der Trubel wieder. Ich mache zum zweiten Mal im Afra Restaurant Halt und überlege mir, am Nachmittag mit dem Taxi zur Moschee zu fahren. Beim Gedanken daran den gleichen Weg noch einmal laufen zu müssen, fallen mir die Augen zu vor Erschöpfung.
Im Afra bekomme ich wieder einen Platz auf einem Balkon und schaue zu dem Mädchen mit Rose im Haar, die auf dem Nachbarbalkon sitzt.
Lange kann ich dort aber nicht sitzen bleiben denn es ist zu heiß. Ich ziehe nach drinnen um und freue mich über die kleinen Tücherboxen die auf jedem Tisch stehen.
Weil ich mir das Nymphaeum, das römische Brunnen- und Wasserhaus, bzw. seine Ruinen ansehen möchte, mache ich mich wieder auf den Weg. Aber es ist ja immer noch Freitag, das Tor ist geschlossen und deshalb kann ich nur über den Zaun schauen. Das angrenzende Haus ist übrigens mein Hotel und wenn ich es richtig betrachte müsste das obere der vier Fenster mein Badezimmerfenster sein. Und dort gehe ich dann auch hin. Lege mich noch einen Moment aufs Bett und beschließe dann, mich tatsächlich noch einmal auf den Weg zur Moschee zu machen. Diesmal mit dem Taxi.
In 20 Minuten bin ich da. Im Shop bekomme ich eine schwarze Abaya (ohne Gesichtsschleier) und kann dann die Moschee besuchen.
Ich mache ein paar Fotos und setze mich dann eine halbe Stunde zum meditieren an den Rand.
Schaue danach noch ein wenig an die Decke und überall herum und gehe dann wieder hinaus.
Im Innenhof ist es schattig und der Steinboden schön kühl.
Im Erdgeschoss gibt es eine Art Hörsaal und in Vitrinen sind Modelle verschiedener Moscheen ausgestellt.
In der hintersten Ecke steht diese schöne Kommode. Es gibt auch noch ein Islamic Museum, leider ist es an Freitagen geschlossen.
Nun bringe ich die Abaya zurück in den Shop und lasse mich dann mit dem Taxi zurück nach Down Town fahren um dort noch ein wenig durch die Straßen zu schlendern. Ich sehe bunte Gardinen.
Kabelsalat.
Ein Mädchen mit einem energischen Zeigefinger die genau weiss was sie will.
Tänzerin.
Dann gehe ich noch ein drittes Mal an diesem Tag ins Afra Restaurant, trinke ein letztes Barbican, lese ein weinig, bestelle mir ein Abendessen und gehe danach Richtung Hotel. Nun ist das große Tor am Nymphaeum offen, ich zögere etwas, werde aber sogleich hineingewunken.
Zuerst klettere ich überall herum.
Später setze ich mich auf einen der großen Steine und beobachte die drei kleinen Katzen. So lange, bis außer mir und dem Torbewacher niemand mehr dort ist. Also schauen wir gemeinsam den Katzen zu. Als er aufsteht, will auch ich gehen aber er bedeutet mir sitzen zu bleiben. Also bleibe ich und warte bis er zurück kommt. Er hat einen Teller mit Innereien für die Katzen dabei und so kann ich noch der Abendfütterung zusehen.
Das war ein schöner Abschluss vom Tag und ich gehe etwas wehmütig zum Hotel, denn nun muss ich meine Tasche packen. Da mein Flieger um 4:30 losfliegt, muss ich schon um 1:30 mit dem Taxi zum Flughafen. Viel schlafen ist da leider nicht. Um 21 Uhr liege ich im Bett und um 22 Uhr knipse ich das Licht aus. Sehr müde und sehr wehmütig steige ich am nächsten frühen Morgen in den Flieger. Bye bye Jordanien, bestimmt komme ich wieder.
Was ich über Jordanien und über mich gelernt habe:
** Jordanien ist ein wunderschönes Land mit einer spannenden Geschichte über die ich gerne noch viel mehr erfahren möchte.
** Ich bin für Gruppenreisen nicht geschaffen.
** Eigentlich überall wird englisch gesprochen und so könnte ich mich beim nächsten Besuch prima verständigen.
** Die jordanische Wüste ist, zumindest der Teil den ich gesehen habe, sehr sandig, das finde ich toll und möchte gerne einmal länger dort sein.
** Ich habe mich immer wieder sehr in einer, für mich, fremden Welt gefühlt.
** Ich habe mich immer sicher gefühlt.
** Die Jordanier*innen mit denen ich Kontakt hatte waren alle ganz besonders freundlich, offen und auf eine sehr angenehme Art entspannt und zurückhaltend.
** Es ist ein schönes Gefühl überall mit “You are welcome” empfangen zu werden. Das kann ich ruhig öfter zu Menschen sagen, die sich hier noch nicht zuhause fühlen.
**Es ist ein unglaubliches Privileg reisen zu können und es ist mir immer bewusst und dafür bin ich überaus dankbar.
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gerne gelesen und angesehen
Sehr sehr fein! Danke. Auch die Gedanken am Ende.
Es war sehr, sehr schön mit dir durch Jordanien zu reisen auf diese Weise, also du in Echt und ich als Leserin. Schade dass es schon vorbei ist.
Sehr sehr gern geschehen. Und ja, ich finde es auch sehr schade dass meine Reise schon vorbei ist. Aber ganz sicher bin ich nicht zum letzten Mal im schönen Jordanien gewesen.
Das war schön, mit dir zu reisen. Fast ein bisschen wehmütig, dass es zu Ende ist. Du schreibst so lebendig. Freue mich auf mehr.
Oh wie ich mich darüber freue. Gerne würde ich auch so in 6 Wochen wieder meine Koffer packen. Ich habe allerdings nur 29 Tage Urlaub. Warum denn nur?