… und Gesundheit und Frohsinn für das neue Jahr möchte ich zuallererst allen hier mitlesenden Menschen wünschen. Ich bin erfreut und überrascht wer hier das ganze Jahr über zugeschaut und mitgelesen hat. Ganz herzlichen Dank dafür.
Am letzten Tag im Jahr habe ich am Morgen im gemütlichen Ferienwohnungsfreundebett gelegen und überlegt, ob ich auf eine kleine Party möchte am Abend oder lieber einsiedeln. Die Gedanken gingen hin&her und hin&her und hin&her. So lange, bis ich fand, nun ist es gut und eine Entscheidung muss her, damit ich mir nicht mit ständiger Unentschlossenheit den ganzen Tag vermiese. Weil mir zuallererst und ganz spontan nach schöner Einsiedelei zumute war, habe ich mich gegen die Party entschieden. So wirklich leicht war das nicht, fällt es mir doch oft leichter andere nicht zu enttäuschen als mich glücklich zu machen, aber letztendlich war es genau richtig für mich. Nachdem der Entschluss gefällt war, ich etwas Yoga geturnt, meditiert und gelesen habe, machte ich mich auf zu einer kurzen Einkaufsrunde. Draußen war trübes Wetter und geregnet hatte es auch.
Nach dem Einkauf konnte ich trotzdem draußen sitzen und einen Kaffee trinken. Schnell die Einkäufe Heim bringen und feststellen, dass mittlerweile ein sehr großes Bosporus-Gefühl in mir sitzt und mich hinaus an den Rhein zieht. Das trübe Wetter hat mich nicht abgeschreckt, sondern mir viel eher sehr gut gefallen.
Gleich neben dem Dom hab ich mich schon über die ersten Möwen gefreut.
Wenn auf der großen Brücke ein Zug fährt, vibriert es in meinem Körper genauso als würde unter Istanbuls Galata Brücke eine Fähre hindurchfahren. Zu schön.
Da hat jemand Berliner Luft mit nach Köln gebracht und stehen gelassen.
Schönster trüber Blick.
An der kleinen Griechisch Orthodoxen Kirche vorbei, von der ich gestern zum ersten Mal gehört habe.
Die Möwen sitzen so lange in einer Reihe bis eine Fußgängerin kommt, sich hin hockt und losknipsen will.
Wildes Möwengestöber.
Die entspannten Drei.
Herzen zum pflücken.
Ich summe ein wenig vor mich hin.
Da gibt es doch so einen Spruch von Astrid Lindgren: Es sollte immer genug Zeit sein um einfach nur am Ufer zu stehen und zu schauen. Oder so ähnlich.
Sieht für mich nach einem gemütlichen Sitzmöbel aus.
Bereit für die Party.
Mit ‘Ahoi’ ins neue Jahr.
Am Bahndamm entlang auf dem Weg nach hause.
Später dann gibt es für mich Nudeln mit scharfer Soße, ein wenig lesen, ein wenig, schreiben und draußen lang anhaltendes Remmidemmi an dem ich nicht beteiligt bin. Um 1 Uhr stecke ich mir Stöpsel in die Ohren und schlafe fest. Der erste Blick am Morgen des ersten Tages im Jahr zeigt Regenwetter.
Da bleibe ich doch einfach mit meinem Buch im Bett liegen. Später dann gibt es Haferbrei und Obst. Und sehr viel Zimt.
Draußen sind die Nachbar*innen schon sehr fleißig und beseitigen die Überbleibsel vom Remmidemmi. Vorbildlich.
Ich verbringe fast den ganzen Neujahrstag auf dem Sofa. Ich schaue dem Regenwetter zu, lese, schreibe in mein neues Tagebuch, lese, packe meine Tasche, schaue bei Netflix “The Paradise” und überlege ob, ich einen Neujahrsspaziergang machen sollte. Ich kann mich nicht richtig davon überzeugen, gehe dann nur eine kleine Runde um den Block.
Am Mittwoch steige ich Mittags in den Zug. Ausnahmsweise habe ich eine Sitzplatzreservierung aber auf meinem Platz sitzt schon ein sehr großer, schwarzer Reisekoffer und darauf noch ein etwas kleinerer Koffer. Daneben steht ein sehr junger Mann und schaut mich fragend an. Ich sage ihm das er dort bleiben kann und setze mich auf einen freien Platz neben eine Frau. Dem jungen Mann folgt der Rest seiner Familie: seine Schwester, seine Mutter und etwas später noch sein Vater. Der Vater hat mehrere weiße Papiertüten in der Hand. Und schon geht die Schublade auf in meinem Kopf: Die Familie sieht aus, als wäre sie asiatischer Herkunft und ich bin in Erwartung von entsprechenden asiatischen Düften die wohl gleich durch den Großraumwagen ziehen werden. Ich bin keineswegs erschrocken oder ärgerlich darüber, nur eben in Erwartung bestimmter Essensgerüche. Die Familie öffnet ihre Papiertüten und dann ziehen alle jeweils eine kleine Pappschale mit einem Brötchen und einem Wiener Würstchen heraus. Die Mutter verteilt Ketchup Tütchen. Dankesehr, da hat die Realität den Schubladen in meinem Kopf einmal mehr eine Lehre erteilt.
Zurück in Kassel packe ich schnell meine Tasche aus und bin dann zum Abendessen mit der frisch verheirateten Freundin verabredet, die ich mit ein paar Hochzeitsfotos überraschte. Und es liegen wunderbarerweise noch ein paar freie Tage vor mir. Ich lese viel, bekomme Besuch von der Freundin A. und wir erzählen ausführlich was so passiert ist in den letzten Tagen des Jahres, sorge dafür das mein Fahrrad seine Winterreifen bekommt, hänge im Hausflur Tulpenfotos mit einem Neujahrsgruß an alle Hausbewohner*innen auf und probiere ein Rezept mit Schwarzkohl aus, dem ich statt Weißwein Chilli hinzufüge und von dem ich sehr begeistert bin.
Auch die Kollegin kommt noch zu Besuch. Sie soll mir bitte die Frage beantworten, ob sie im letzten Jahr mit mir in dem Kinofilm “Kedi – von Katzen und Menschen” über die Istanbuler Katzen war. Das waren wir nicht. Jedenfalls nicht 2018 sondern 2017. Das bedeutet ich war im ganzen letzten Jahr kein einziges Mal im Kino. Ich bin keineswegs eine große Kinogängerin. Aber so überhaupt gar nicht ein ganzes Jahr lang finde ich schon erstaunlich. Ich habe jetzt also einen weiteren Punkt auf der Liste mit Dingen, die ich dieses Jahr gerne machen möchte. Nachdem ich so viel Besuchsglück hatte, bin ich mit Erica am Samstag einkaufen gefahren und anschließend haben wir meine echtes Patenkind besucht. Neben meinem unechten Patenkind J., der ja erst 11 Jahre alt ist, habe ich nämlich auch noch ein echtes Patenkind, N. Sie ist schon erwachsen und hat mittlerweile selbst drei Töchter. Wir sehen uns zu selten, wie ich finde und um das zu ändern, habe ich gleich zu Beginn des Jahres damit angefangen. Wir trinken viel Tee und erzählen, denn Weihnachten war dazu nicht so richtig Gelegenheit. Als ich dann später die Einkäufe in die Küche von Erica geräumt habe, ist mir ihr neuer Jahreskalender aufgefallen. Wir haben in der Familie einen Schornsteinfeger, es ist der Bruder vom echten Patenkind und er hat Erica zu Weihnachten einen Schornsteinfegerinnen Kalender geschenkt. Der hängt nun über dem Herd in Erica’s Küche. Sie findet es schade, das die Fotos alle so dunkel sind, sieht den Grund dafür ein, sagt allerdings: “Also ich würde nicht als Schornsteinfeger arbeiten, immer so schwarze Sachen anziehen wär’ nichts für mich”. Ich mag den Kalender.
Am Sonntag überlege ich ernsthaft, ob ich ins Kino gehen sollte. Draußen ist Regenwetter und so nass wie das letzte Löwenmäulchen auf dem Balkon möchte ich nicht werden.
Ich lese, bade, trinke Kaffee, sortiere Dinge, bügele Hemdblusen und schon ist es zu spät für Kino, denn kochen will ich auch noch und mit der fleißigen Nachbarin, die heute frühen Frühdienst hatte, zusammen essen.
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