Meine Inselpläne waren: Morgenbäder, lesen, rumtrödeln, am Wasser rumliegen und ein wenig herumspazieren. Der Plan hat funktioniert.
So schaut die Katze wenn sie sich zum ersten Mal im Spiegel sieht. Nachdem ich sie eine Weile dabei beobachtet habe, möchte ich gerne ein Morgenbad nehmen. Sie möchte allerdings das Zimmer nicht durch das Fenster verlassen, so wie sie es am Abend zuvor betreten hat. Ich packe meine Sachen und klemme mir auch noch die Katze unter den Arm um das Zimmer abschließen zu können und setze sie dann vor der Tür ab. Ein letzter entrüsteter Blick und dann ward sie nie wieder gesehen.
Hier war mein Badeplatz für die folgenden vier Tage. Es waren immer nur ein paar echte Inselmenschen dort, die dort sicher ihr tägliches Bad nehmen. So eine Möglichkeit erweckt immer meinen allergrößten Neid. Und ich bin immer sehr glücklich, wenn ich von so einem Morgenritual für eine Zeitlang etwas abbekommen kann. Und es ist ganz besonders toll, dass ich dabei bisher immer sehr freundlich aufgenommen wurde.
Auf dem Rückweg ins kleine Hotel an ein paar Fischen vorbei gekommen.
Selbstverständlich auch an der einen oder anderen Katze.
Frühstück gab es jeden Tag im Garten. Mit Blick auf die bunten Sessel und Kissen – wenn ich den Blick mal vom Buch angehoben habe.
Der erste Tag am Strand hat mich etwas aus meinem Ruhig-am-Strand-rumliegen-und-lesen Konzept gebracht. Es war ein echter Beach Club mit donnerlauter Musik und viel Remmidemmi. Aber nun hatte ich ja Eintritt bezahlt und wusste nicht so Recht, wo ich einen anderen Strand hätte finden können und bin deshalb geblieben. Nach einer Stunde habe ich mir einen Platz weit ab von all den Menschen und Lautsprechern gesucht und tatsächlich gefunden. Ab dem Zeitpunkt hatte noch einen schönen Nachmittag und bin tatsächlich auch vor Müdigkeit etwas weggedämmert. Für den nächsten Tag brauchte ich aber unbedingt eine andere Idee.
Die viel bessere Idee kam am nächsten Morgen von meinem sehr netten Gastgeber. Ich könnte mir doch überlegen ein Fahrrad zu mieten und einen viel hübscheren Strand bei einer Inselumrundung suchen. Und genau das habe ich dann auch getan. Ich hab mir ein Fahrrad in türkis ausgesucht. Das Körbchen war leider rosa, aber ein Körbchen wollte ich unbedingt, damit ich nicht meinen ganzen Kram auf dem Rücken tragen musste.
Zuerst ging es bergauf, dann bergab, wieder bergauf und immer so weiter. Manchmal habe ich das Fahrrad auch ein kleines Stück geschoben. Auch Sonne und Schatten haben sich abgewechselt und es war immer angenehm windig.
Manchmal tauchten kleine Cafés auf.
Oder Erinnerungen an vergangene Zeiten. Früher war die Insel bekannt für ihre Pferdekutschen und Autos waren (und sind auch immer noch) nicht erlaubt. Seit Februar 2020 gibt es nun keine Pferdekutschen mehr. Durch den Touristenandrang in den letzten 10 Jahren, verschlechterten sich die Bedingungen für die Pferde immer mehr, Tierschutzinitiativen machten vermehrt darauf aufmerksam und als dann noch eine Pferdeseuche ausbrach mussten viele Tiere getötet werden.
Danach beschlossen der Bürgermeister der Inseln und der Bürgermeister von Istanbul alle Pferdekutschen abzuschaffen. Mehr dazu gibt es hier zu lesen. Auf dem Platz, wo früher die Kutschen standen, warten jetzt die kleinen Elektrobusse.
Immer wieder fuhr ich an großen Schildern vorbei, die vor der Waldbrandgefahr gewarnt haben und in regelmäßigen Abständen begegneten mir Feuerwehrfahrzeuge.
Ein verlassenes Café in dem nun Katzen, Hunde, Hühner und Tauben leben gab es auch.
Und einen kleinen Strand habe ich auch gefunden.
Zuerst musste ich sehr viele und steile Treppenstufen nach unten gehen, bevor ich mich im Wasser abkühlen konnte.
Den Rest des Tages habe ich abwechselnd mit lesen und baden verbracht. Sehr schön war das. Es kann sein, dass ich zwischendurch etwas geschlafen habe.
Den nächsten Tag habe ich an der gleichen Stalle fast ganz genau so verbracht.
Nach dem Strand, das habe ich am vorherigen Tag unterschlagen, habe ich in einem kleinen Café gesessen und Fotobildbände angesehen.
Im kleinen Café von Kadir Can, bei dem ich schon am Tag zuvor mein Fahrrad abstellen durfte und der mich dabei gefragt hatte, ob ich Fotografin sei. Er nämlich ist Fotograf und hat mir einige seiner Bücher gezeigt. Bei unserer ersten Begegnung hatte ich mir das Buche über die Prinzeninseln und den Fischbasar in Istanbul angesehen.
Bei dieser zweiten Begegnung habe ich nach seinen anderen Büchern gefragt. Es gab noch eins über den Großen Basar und dieses hier über Menschen in Istanbul und einen großen Bildband über den Militärputsch 1980. Leider sind diese Bücher vergriffen. Die Fotos vom Militärputsch haben mir die Kehle zugeschnürt und mir zum ersten Mal so richtig deutlich gemacht, was es bedeutet Fotoreporter*in in Kriegs- oder Krisengebieten zu sein. Es war als hätte ich es zum ersten Mal spüren können, weil mir der Mensch, der diese Fotos gemacht hat, direkt gegenüber saß.
Danke Kadir Bey, für diese Begegnung, die mich sehr berührt hat und noch lange beschäftigen wird. Und für dieses Foto – auch wenn ich keine Fotografin bin.
Danach habe ich nochmal den Rest der Insel umrundet und war sogar im Inselmuseum. Ich war aber nicht sehr konzentriert, sondern in Gedanken immer noch bei Kadir Can.
Ich habe dann schon recht bald mein Fahrrad abgegeben, bin ins Hotel gelaufen und mich nach einer Dusche etwas auf mein Bett gelegt.
Später, beim Spaziergang, habe ich sogar noch den Insel Friedhof gefunden.
Das war schön und ich bin ganz ruhig geworden.
Dies war die einzige Blüte, die ich auf dem ganzen Friedhof habe blühen sehen. Alle anderen Blumen waren schon verwelkt oder vertrocknet. Ich finde sie steht dort wie eine Hoffnung.
Für das Gebäude neben dem Friedhof gibt es aber keine Hoffnung mehr.
Danach ging es einen sehr steilen Berg nach unten und dann laufe ich noch über das Außengelände der Hamidyie Moschee bevor ich ins Hotel zurückkehre und sehr bald schlafen gehe.
Am letzten Morgen auf der Insel wurde ich sehr früh geweckt. Und zwar nicht durch die Sonne, die durch die schönen bunten Fenster schien, sondern vom Marktgetümmel direkt gegenüber vom kleinen Hotel. Das waren schöne, vertraute Geräusche. Weil ich ja fast immer Ohrstöpsel in den Ohren habe und seit Tag 2 auf der Insel sowieso Wasser im Ohr hatte und deshalb schlecht gehört habe, machen mir Marktgeräusche am Morgen nichts aus.
Auf dem Weg zum letzten Morgenbad im Marmarameer versperrt mir zuerst die eine der Hotel Katzen den Weg.
Nach dem Bad fand ich ein Café mit Blick auf ein Haushaltswarengeschäft.
Nocheinmal an den schönen Häusern vorbei gelaufen.
An neuen und alten Häusern. Ich mag sie alle.
Und habe mir schon einige ausgesucht und mir in meinem Kopf ein kleines Hotel dort eingerichtet.
Platz für einen Gemüsegarten ist überall.
Ein klein wenig über den Markt geschlendert bin ich auch noch. So hübsch werden hier die Knoblauchknollen zusammengebunden.
Dann war noch Zeit um zu duschen, zu Frühstücken und dabei mit dem Hotelbesitzer zu plaudern und eine wirklich tolle Bewertung vom Hotel zu versprechen. Und der Koffer mußte auch noch fertig gepackt werden.
Sehr glücklich und entspannt saß ich dann kurze Zeit später auf der Fähre zurück nach Istanbul und wurde sogar noch mit einem großen Schwarm Störche belohnt. Ich glaube es sind tatsächlich welche und diesmal halten sich die Sensorflecken in einigermaßen erträglichen Grenzen.
Die Idee, ein paar Inseltage zum lesen und faul rumliegen, vor die Istanbul Tage zu schieben war genau richtig. Und dann war ich bereit für meine wilde Lieblingsstadt.
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