31 KW August 2022 – Stubenarrest ohne Geschmack

Üsküdar Sahil, Istanbul

Leider kam ich nach dem Urlaub nicht so richtig fit, wie ich es mir gewünscht hätte, zurück. Ich hatte seit Tagen schlimme Hüftschmerzen und dazu kamen seit Donnerstag immer mal Kopf- und ein wenig Halsschmerzen. Sehr erschöpft war ich auch. Die Schmerzen waren durch die Tabletten, die ich gegen die Hüftschmerzen täglich einnahm, aber nicht so exakt wahrzunehmen. Und erschöpft war ich sicherlich von den vielen Kilometern, die ich täglich in der großen Stadt zurücklegte. Zumindest dachte ich mir das alles so. Seit Samstag machte ich auch täglich Corona-Tests. Negativ.

Cihangir, Istanbul

Der Montagstest war auch wieder negativ und ich freute ich mich sehr, denn ich hatte noch einen Tag frei. Ich konnte also ausschlafen und den Tag mit lesen, waschen, einkaufen und aufräumen verbringen. Wie auch schon am Sonntag war ich außerdem noch einen großen Teil der Zeit mit Urlaubsfotos sortieren und Blogpost vorbereiten beschäftigt. Beinahe wäre ich sogar fertig geworden.

Sütlüce Parkı, Istanbul

Am späten Nachmittag kippte die Stimmung und es fühlte sich an, als hätte ich eine kleine Nachurlaubsdepression plus etwas mehr Hals- und Kopfschmerzen. Das Hüftgelenk tat sowieso noch weh.

Wehlheiden, Kassel

Als am Dienstag der Wecker um 6:45 klingelte, dachte ich ein dicker Bosporusdampfer sei in mich hineingerammt. Mir tat alles weh und meine Befürchtung stellte sich kurze Zeit später als richtig heraus: Der Corona-Test war positiv. Kein Wunder bei den zwei Flügen und langen Busfahrten, bei denen nur ich eine Maske trug. Es hatte mich wirklich so richtig schlimm erwischt und ich habe den ganzen Tag hauptsächlich im Bett gelegen und geschlafen oder vor mich hingedämmert. Alles tat weh, sogar die Zähne. Und trotz 29° draußen, lag ich mit meinen dicksten Wollsocken und zeitweise sogar mit Wärmflasche im Bett. Zwischendurch habe ich 3x eine Tablette genommen. Mich bei der Arbeit krankzumelden war wirklich anstrengen. Die Arztpraxis war leider so überlastet, dass ich nur eine Mail schreiben konnte.

Cihangir, Istanbul

Am Mittwoch ging es mir unverändert schlecht. Endlich bekam ich die Arztpraxis ans Telefon und konnte umständlich klären, wie ich an ein Attest kommen könnte. Und einen PCR-Test brauchte ich ja auch noch. Ab Mittags hab ich etwas weniger riechen und schmecken können. Zusätzliches Symptom: wüster Husten.

Karaköy, Istanbul

Die Nacht zum Donnerstag war unruhig und sehr anstrengend. Alle zwei Stunden wurde ich wach, hatte Husten und großen Durst und musste zur Toilette. Am Vormittag kümmerte ich mich um einen PCR-Test. Dafür musste ich einen Termin machen. Weil die Apotheke, die den Test machen würde, direkt neben der Arztpraxis meiner Ärztin liegt, werde ich auch gleich das Attest abholen. Aber alles erst am Freitag. Und kann man überhaupt so viel schlafen, habe ich mich immer gefragt. Netterweise hatte mir die Nachbarin noch Schmerztabletten an die Wohnungstür geklebt und eine hübsche Postkarte ist auch angekommen. Mir war nicht heiß. Mir war nicht kalt. Ich habe nichts gerochen und das Essen schmeckte etwas nach Pappe. Da half auch nicht die 3fache Portion Chiliflocken in der Nudelsoße.

Eminönü, Istanbul

In der Nacht zum Freitag war der Schlaf viel besser. Das war gut, denn ich hatte einen anstrengenden Vormittag vor mir. Zuerst stand ich vor der Arztpraxis, habe geklingelt und gewartet, bis eine Mitarbeiterin herunterkam, meine KK Karte eingelesen und mir das Attest überreicht hat. Anschließend war ich gleich nebenan im Corona Testzentrum. Damit die Covid Infektion auch bei der Krankenkasse aktenkundig wird und ich in meinem CovPass den genesenen Status bekomme (ich hoffe sehr, dass ich auch bald genesen bin), musste ich einen PCR-Test machen lassen. Das ging alles sehr flott und ich war schnell wieder draußen.

Bağdat Caddesi, Bostancı, Istanbul

Als ich nach Hause kam, sank ich vor Erschöpfung sofort wieder aufs Bett. Bis es an der Haustür klingelte und die Gartenfotografin mit einem riesigen Wocheneinkauf vor der Tür stand. In den drei Taschen habe ich sogar einen Sonnenblumenstrauß und Schokolade gefunden. Sehr große Freude.

Tophane, Istanbul

Kurze Zeit später wurde mir noch ein Päckchen von der Post gebracht. Darin fanden sich so viele verschiedene schöne kleine Dinge von einer, zwar nicht persönlich bekannten, aber dennoch (Insta-)Freundin. Noch einmal große Freude. Mit all den Geschenken und Postkarten, Einkäufen von der Nachbarin und der Freundin, fühlte ich mich wie die Katze: Schlafend im hübsche Dinge Paradies. Und so folgten nach all der Aufregung 2 Stunden Tiefschlaf. Danach konnte ich sogar ein wenig bloggen. Ich musste den ganzen Tag keine Tablette nehmen und fühlte mich etwas klarer.

Cihangir, Istanbul

Die Nacht zum Samstag war unruhig, mit wirren Träumen und verschwitzt. Aber es war der erste Morgen, an dem ich das Gefühl hatte, es kommt etwas Energie zurück. Sofort dachte ich an Parkspaziergänge. Bis mir einfiel, dass ich ja zumindest so lange Hausarrest hätte, bis mal ein Test negativ sein würde. Am besten sogar 2 Tage lang hintereinander, meinte die Nachbarin. Da hatte sie natürlich recht. Aber immerhin war ich imstande, den ersten Istanbul Blogpost fertig zu machen. Ansonsten wieder viel geschlafen und etwas gelesen.

Sütlüce, Istanbul

Am Sonntag ging es mir körperlich unverändert, das war ja erstmal ok. Aber mein Gemüt ergraute immer mehr und ich fing an mir Sorgen zu machen. Die Vorstellung bis zum Donnerstag noch nicht mal einen langsamen Spaziergang Richtung Friedhof machen zu können war schrecklich. Also folgte ich meiner inneren Stimme und den tatsächlichen Stimmen zweier Freundinnen und schlich mich am Morgen in Richtung Friedhof für eine kleine Spazierrunde.

Wehlheiden, Kassel

Das war anstrengend, aber natürlich tat es auch gut barfuß durchs Gras zu laufen und den Tag damit zu retten. Und begegnet ist mir tatsächlich niemand. Bis auf dieses Kaninchen unter einem Auto vor dem Friedhof.

Eukalyptus Kristalle

Jeden Tag habe ich die Nase tief in dieses Fläschchen gesteckt, um zu prüfen, ob der Geruchssinn vielleicht zurückgekehrt ist – leider nicht. Und der Geschmack blieb auch weiterhin verschwunden. Und das ist eindeutig tragischer als nichts zu riechen. Was ich momentan schmecken kann, sind Süßigkeiten und bitterer Kaffee. Wenn etwas scharf ist von Chili, brennt ein wenig der Mund. Trotzdem ist es nicht egal, was ich esse, weil ich mich ja gut daran erinnere, wie die Dinge schmecken müssten.

Arada Beyrut, Galata, Istanbul

Ich träume also von Wassermelone, Eis und Falafel-Salat aus dem diesjährigen Istanbuler Lieblingsrestaurant.

Gülhane Parkı, Istanbul

All die Katzen habe ich ausgesucht, weil ich so viele Katzenfotos mitgebracht habe, weil sie meine Tätigkeiten der Woche so gut widerspiegeln und weil sie mir schöne Urlaubserinnerungen im ansonsten gerade recht tristen Alltag bescheren. Und jedes Mal denke ich: Ach, es fehlen ja so viele. Ich muss wohl nochmal hin.

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